FAQ für Hinweisgeber*innen im Staatsdienst

1. Wer ist Whistleblower*in, wer ist Hinweisgeber*in? Gibt es einen Unterschied?

Whistleblower*innen sind Menschen, die auf Rechtsverstöße oder Missstände aufmerksam machen. Das tun sie, indem sie ihre Vorgesetzten, oder externe Stellen informieren, oder auf anderen Wegen wie über das Internet oder die Medien auf Probleme aufmerksam machen. Der Begriff „Whistleblower*in“ ist im allgemeinen Sprachgebrauch nicht eindeutig definiert bzw. sehr weit und nicht auf bestimmte Kontexte eingegrenzt. Bekannte Whistleblower*innen sind z.B. Edward Snowden, der 2013 als IT-Techniker bei der CIA weltweite Überwachungsmaßnahmen US-amerikanischer Geheimdienste öffentlich machte. Die IT-Spezialistin der US-Streitkräfte, Chelsea Manning, kopierte 2010 tausende Inhalte zu US-amerikanischen Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan und stellte sie Wikileaks zur Verfügung. Die Berliner Altenpflegerin Brigitte Heinisch meldete die mangelhafte Versorgung der Menschen in den Heimen ihres Arbeitgebers zuerst intern, dann machte sie die Zustände durch Überlastungs- und Strafanzeige öffentlich.

Das neue Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) spricht von „Hinweisgebenden Personen“: Gemeint sind Menschen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangen und diese an die nach dem HinSchG vorgesehenen Meldestellen melden oder z.B. mithilfe der Presse offenlegen. Hinweise können also an die internen Meldestellen bei den Beschäftigungsgeber*innen oder an die staatliche externe Meldestelle weitergegeben werden.

Der Begriff Whistleblower*in geht somit über den Begriff der Hinweisgeber*in im Sinne des HinSchG hinaus. Während Hinweisgerber*innen nach dem HinSchG nur Verstöße aus dem beruflichen Kontext an die Meldestellen melden, können Whistleblower*innen auch auf Missstände außerhalb des beruflichen Kontextes, z.B. in Freiwilligenorganisationen oder Glaubensgemeinschaften, aufmerksam machen.  Da der Fokus des Projekts auf der Umsetzung des HinSchG in den Polizeibehörden liegt, benutzen wir im Folgenden primär den Begriff Hinweisgeber*innen.

2. Wie schützt das Gesetz Polizist*innen?

Das Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) schützt alle Arbeitnehmer*innen vor, während und nach einer Hinweisgabe – so auch Sie als Polizist*in. Es schreibt vor, dass Beschäftigungsgeber*innen mit über 50 Arbeitnehmer*innen interne Meldestellen einrichten müssen. Dies gilt auch für die Behörden, wobei hier die oberste Dienstbehörde für die Einrichtungen verantwortlich ist. Diese soll Organisationseinheiten einrichten, die dann wiederum interne Meldestellen einrichten und betreiben. Zusätzlich gibt es die externe Meldestelle des Bundes beim Bundesamt für Justiz, an die Polizist*innen sich wenden können. Sollten diese Meldestellen nicht eingerichtet, angemessen ausgestattet und/oder betrieben werden, kann das mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 € geahndet werden.

Alle Hinweisgaben müssen den Meldestellen vertraulich behandelt werden. Sie dürfen vom Vertraulichkeitsgebot nur Ausnahmen machen, wenn andere zuständige Stellen die Information über die Identität oder andere identifizierbare Informationen verlangen. Dies kann zum Beispiel eine Strafverfolgungsbehörde aufgrund eines Strafverfahrens sein. Auch wenn die zuständige Behörde in einem nachfolgenden Verwaltungsverfahren Informationen anfordert oder ein Gericht die Herausgabe solcher Angaben anordnet, dürfen die Meldestellen die Informationen weitergeben.

Polizist*innen, die Fehlverhalten gemeldet haben, dürfen nach dem HinSchG nicht schlechter gestellt werden – auch nicht sofern nur eine Meldeabsicht besteht. Es gilt:

  • Hinweisgeber*innen dürfen keine schlechtere Beurteilung bekommen
  • Es darf keine Beförderung verwehrt werden oder Bewerbung unbeachtet bleiben
  • Polizist*innen dürfen nicht versetzt oder abgeordnet werden
  • Der Dienstherr darf keine Disziplinarverfahren einleiten

Auch sonstige Repressalien aufgrund einer rechtmäßigen Hinweisgabe durch die Beschäftigungsgeber*innen sind verboten. Sollte es nach Hinweisgabe trotzdem zu Repressalien kommen, gilt nach dem Gesetz eine sogenannte Beweislastumkehr. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber beweisen muss, dass die schlechter Behandlung nicht mit der Hinweisgabe zusammenhängt. Für rechtwidrigen Repressalien sieht das Gesetz Schadensersatzansprüche vor.

3. Was ist der Unterschied zwischen einer internen und einer externen Meldestelle?

Laut dem Hinweisgeberschutzgesetz sollen Beschäftigte grundsätzlich zwischen zwei Meldestellen wählen können, an die er oder sie sich mit einer Meldung wenden kann:

  1. Interne Meldestelle: Die internen Meldestellen sind die direkten Anlaufstellen beim bei den Beschäftigungsgeber*innen“.
  2. Externe Meldestelle: Diese kann vom jeweiligen Bundesland eingerichtet werden und stellt eine zusätzliche Meldestelle für die Personen der Landes- und Kommunalverwaltung dar – also auch für Sie als Beamt*in. Sollte das Bundesland Ihres Dienstherrn eine eigene externe Meldestelle eingerichtet haben, ist das die zuständige externe Meldestelle für Sie. Sollte Ihr Bundesland keine eigene externe Meldestelle haben, können Sie sich an die externe Meldestelle des Bundes wenden, die beim Bundesamt für Justiz bereits eingerichtet ist. (siehe auch Meldestellenfinder)

Sie können frei wählen, welche zuständige Meldestellen Sie nutzen möchten. Das Verfahren sowie die Folgemaßnahmen, die die Meldestellen treffen können, sind weitestgehend identisch. Unterschiede kann es allerdings bei der Art der eingerichteten Meldekanäle geben – also wie Sie melden können (telefonisch, per E-Mail, über ein Kontaktformular o.Ä).; oder ob anonym oder unter Nennung Ihres Namens).

4. Ich möchte einen Verstoß melden. Muss ich meine*n Vorgesetzte*n davon in Kenntnis setzen?

Nein. Die Meldestellen sollen unabhängige Anlaufstellen sein, die neben dem Dienstweg genutzt werden können. Deshalb hat der Gesetzgeber bei einer Meldung nach dem Hinweisgeberschutzgesetz die Beamt*innen davon befreit, den Dienstweg einhalten zu müssen.

5. Wie verhält sich meine beamtenrechtliche Verschwiegenheitspflicht zu einer möglichen Meldung?

Meldungen, die nach dem Hinweisgeberschutzgesetz an eine Meldestelle gemacht werden, verletzen die Amtsverschwiegenheit nicht. Dieser Hinweis findet sich sowohl für externe als auch interne Meldestellen in den jeweiligen Beamtengesetzen.

6. Darf ich auch Verschlusssachen melden?

Nein – mit einer Einschränkung.

Aus dem Anwendungsbereich der Meldestellen sind explizit Verschlusssachen ausgenommen – eine Ausnahme besteht jedoch für Verschlusssachen der Geheimhaltungsstufe „Nur für den Dienstgebrauch“. Sollten so eingestufte Sachverhalte auf eine Straftat hinweisen, darf eine Meldung an eine interne Meldestelle, die durch die Organisationseinheit selbst betrieben wird, gemacht werden.